Die 4-Tage-Woche ist ein Trend, der die Work-Life-Balance der Arbeitnehmer:innen verbessern soll. Sie entwickelt sich derweil zu einem der gefragtesten Arbeitsmodelle auf dem Markt. Aber eignet sich der Trend auch für Ihr Unternehmen?
Viele Deutsche möchten gern weniger arbeiten, ergab eine Studie des ifo Instituts aus dem Jahr 2021. Entsprechend steigt die Nachfrage nach flexiblen Arbeitsmodellen.
Trends wie die Arbeit im Homeoffice, das Downshifting oder die 4-Tage-Arbeitswoche, für die manche Jobbörsen wie arbeitnow inzwischen sogar spezialisierte Suchbereiche aufbauen, sollen die Work-Life-Balance der Erwerbstätigen zusätzlich verbessern.
Doch interessanterweise liest man hierzu nicht nur positive Berichte. Das 4-Tage-Modell erntet auch immer wieder harsche Kritik. Es stellt sich also die Frage: Eignet sich der Trend für jedes Unternehmen? Und sollten auch Sie die 4-Tage-Woche in Ihrem Unternehmen etablieren?
Wir bei JOIN haben für Sie einen kritischen Blick auf die Umsetzbarkeit des Modells auf dem deutschen Arbeitsmarkt geworfen. Dabei erkundeten wir die folgenden Themenschwerpunkte:
Was ist eine 4-Tage-Arbeitswoche und wie kann diese aussehen?
Die 4-Tage-Arbeitswoche ist ein flexibles Arbeitsmodell, mit dem Sie Ihren Mitarbeiter:innen durch die Gewährung eines verbindlich festgelegten, zusätzlichen arbeitsfreien Tages pro Woche die Vereinbarkeit von Beruf und Familie verbessern können.
Das Grundkonzept der 4-Tage-Woche
In der Grundidee des Arbeitsmodells 4-Tage-Woche wird die Anzahl der Arbeitstage und die tägliche Arbeitszeit reduziert, während das Gehalt unverändert bleibt. Das wird in der Praxis jedoch nicht immer genau so umgesetzt:
Mehrere Länder testen die 4-Tage-Arbeitswoche bereits als Pilotprojekt. In einigen Ländern, z. B. Großbritannien und Spanien, wurden die Arbeitsstunden bei gleichem Gehalt auf 32-36 Stunden pro Woche reduziert.
In Island und Belgien hingegen blieb neben dem Gehalt auch die Wochenarbeitszeit unverändert. Die Stunden, die bisher in fünf Tagen absolviert wurden, werden stattdessen ganz einfach auf vier Tage umverteilt, wodurch die tägliche Arbeitszeit automatisch ansteigt.
In Deutschland tun sich aktuell noch viele Arbeitgeber aus unterschiedlichen Gründen schwer, die 4-Tage-Woche mit reduzierten Arbeitsstunden bei gleichem Gehalt anzubieten (mehr dazu weiter unten).
Geänderter Urlaubsanspruch bei 4-Tage-Woche
Mit der Reduzierung der Arbeitstage muss übrigens auch der jährliche Urlaubsanspruch der Mitarbeiter:innen etwas angepasst werden.
So reduziert sich der Anspruch für Arbeitnehmer:innen mit einer regulären 4-Tage-Arbeitswoche in Deutschland von 20 auf 16 Arbeitstage im Jahr.
Das „Was“ haben wir damit geklärt, nun kommen wir zum „Wie“ und klären die Frage, wie die 4-Tage-Woche in der Praxis gehandhabt werden kann. Das sehen wir uns direkt im nächsten Abschnitt an:
Gestaltungsmöglichkeiten der 4-Tage-Woche
Tatsächlich kann die 4-Tage-Arbeitswoche auf verschiedenste Arten gestaltet werden. Die beiden wichtigsten Varianten möchten wir Ihnen nachfolgend kurz vorstellen:
Möglichkeit 1: Synchrone freie Tage
Langes Wochenende für alle! Bei der synchronen 4-Tage-Woche haben alle am selben Tag frei. Diese Lösung eignet sich etwa für Kleinunternehmen, die noch nicht allzu viele Mitarbeiter:innen beschäftigen und weitestgehend unabhängig arbeiten.
In manchen Branchen (z. B. Polizei, Zoll, Gesundheitswesen, Pflege, Tourismus, Handel) und auch ab einer gewissen Unternehmensgröße ist es jedoch nicht möglich, alle Mitarbeiter:innen gleichzeitig freizustellen.
Möglichkeit 2: Asynchrone freie Tage
Die zweite Möglichkeit, eine Vier-Tage-Woche zu gestalten, sieht deshalb asynchrone freie Tage vor. Das bedeutet, dass verschiedene Teammitglieder sich verschiedene arbeitsfreie Tage nehmen, z. B. ein Teil der Mitarbeitenden freitags, der andere montags.
Damit wäre immer noch gewährleistet, dass alle ein langes Wochenende erhalten. Gleichzeitig kann der Betrieb aber trotzdem zu den üblichen Werktagen erreichbar bleiben und kein Kunde muss vor verschlossener Tür warten.
Vor- und Nachteile einer 4-Tage-Arbeitswoche
Sollten auch Sie in Ihrem Unternehmen die 4-Tage-Woche einführen? Hier ein kurzer Überblick über die Vor- und Nachteile des Modells, um Ihnen etwas mehr Einblick zu ermöglichen und Ihnen eine erste Entscheidungshilfe zu geben.
Vorteile der 4-Tage-Woche
Die 4-Tage-Woche verspricht eine bessere Work-Life-Balance und kann auch die mentale Gesundheit Ihrer Mitarbeiter:innen verbessern. Mit ihr können diese Einkäufe, Arzttermine etc. effizienter erledigen und mehr Zeit mit Hobbys, Freunden und Familie zubringen.
Studien aus Island belegen, dass dieser Umstand für mehr Zufriedenheit und Motivation bei Angestellten sorgt, die dadurch oft produktiver arbeiten.
Darüber hinaus können Sie sich als moderner und attraktiver Arbeitgeber positionieren und Ihr Employer Branding verbessern, indem Sie die 4-Tage-Arbeitswoche in Ihren Stellenanzeigen bewerben.
Wie Sie das am besten machen, erklären wir Ihnen in unserem neuen Guide:
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Nachteile der 4-Tage-Woche
Wie zu Beginn des Artikels erwähnt, erntet die 4-Tage-Woche jedoch auch immer wieder Kritik. Das hat verschiedene Gründe.
So fürchten sich etwa viele deutsche Unternehmen vor dem Aufwand, den die Umstellung auf dieses Arbeitsmodell mit sich bringt. Andere weigern sich schlicht, die Arbeitszeit bei gleicher Bezahlung zu reduzieren.
Deshalb wird die 4-Tage-Woche in Deutschland oft mit 40 Wochenstunden (= 10 Arbeitsstunden am Tag) oder alternativ in Kombination mit weniger Gehalt angeboten. Letzteres können sich jedoch viele Arbeitnehmer:innen nicht leisten.
Die erste Variante führt hingegen zu einer erhöhten Überarbeitungs- und Burnout-Gefahr sowie mehr krankheitsbedingten Ausfällen. Außerdem dürften dann in den meisten Betrieben nach der gesetzlichen täglichen Arbeitszeit keine Überstunden mehr geleistet werden.
Zuletzt könnten auch die Koordination und Kommunikation der Teams sich zunächst schwierig gestalten und möglicherweise verstärkte Kontrollen seitens der Arbeitgeber erfordern. Das wäre das Gegenteil der gewünschten Freiheit und Flexibilität für Mitarbeiter:innen.
Sie möchten es genauer wissen? Eine ausführlichere Behandlung der Vor- und Nachteile finden Sie in unserem Artikel „Die Vor- und Nachteile der 4-Tage-Woche“ 😉.
Die 4-Tage-Woche als Benefit
Überlegen Sie auch gerade, die 4-Tage-Woche in Ihrem Unternehmen anzubieten? Zunächst muss natürlich geprüft werden, unter welchen Bedingungen dies in Ihrem Unternehmen umsetzbar wäre.
Sollte die Reduzierung der Wochenarbeitszeit bei gleichem Gehalt für Ihr Unternehmen nicht infrage kommen, kann es schwierig werden, die 4-Tage-Woche flächendeckend einzuführen.
Nicht jede:r Ihrer Mitarbeiter:innen ist dazu in der Lage, täglich zwei Stunden länger zu arbeiten. Parallel dazu können es sich viele Angestellte aber auch nicht leisten, Arbeitsstunden UND Gehalt zu reduzieren.
Das heißt aber nicht, dass Sie die 4-Tage-Woche grundsätzlich nicht anbieten sollten! Stattdessen könnte die 4-Tage-Arbeitswoche nämlich in Ihrem Klein- oder mittelständischen Unternehmen sehr gut als optionaler Mitarbeiter-Benefit funktionieren.
Sehen wir uns dazu einmal an, für wen ein solches Angebot überhaupt interessant sein könnte:
Für wen eignet sich die 4-Tage-Woche als Benefit?
Mitarbeiter-Benefits sind eine sehr individuelle Angelegenheit. Was hilft ein Firmenwagen zum Beispiel Mitarbeiter:innen, die keinen Führerschein besitzen? Und was machen die Kolleg:innen, die allergisch auf Tiere reagieren, wenn jeder seinen Hund mitbringen darf?
Ähnlich verhält es sich auch mit der 4-Tage-Woche, die für manche Personengruppen besser funktionieren wird als für andere.
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Bleiben wir bei unserer Eingangsprämisse von 40 Wochenstunden Arbeitszeit, also 4 Arbeitstagen à 10 Stunden, wird eine 4-Tage-Arbeitswoche für folgende Personengruppen nicht funktionieren:
Ältere Mitarbeiter:innen
Die Generation 50+ ist eine der wichtigsten menschlichen Ressourcen auf dem Arbeitsmarkt, wie wir in unserem Artikel „Warum Sie ältere Mitarbeiter:innen einstellen sollten“ herausfanden.
Sie erholen sich von Stress und Krankheiten nicht mehr so schnell wie ihre jüngeren Kolleg:innen. Es ist deshalb fraglich, ob der Extra-Tag die tägliche Mehrarbeit wettmacht. Das ist aber natürlich vom Einzelfall abhängig.
Gesundheitlich beeinträchtigte Angestellte
Einige Ihrer Mitarbeiter:innen sind vielleicht auch körperlich oder mental nicht in der Lage, länger als acht Stunden am Tag zu arbeiten – sei es aufgrund einer vorliegenden Behinderung oder anderer Veranlagungen (etwa dem Persönlichkeitstypen, nach dem einige Menschen sich schneller überarbeiten als andere).
Ein Anstieg der täglichen Arbeitszeit würde dann möglicherweise sogar im Konflikt mit der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers stehen und könnte gesundheitliche Folgen für die Betroffenen nach sich ziehen.
Alleinerziehende Elternteile
Auch alleinerziehende Elternteile sind unter Umständen die falsche Zielgruppe für eine 4-Tage-Woche – zumindest bei einer Arbeitszeit von 40 Wochenstunden.
Steigt für sie die tägliche Arbeitszeit an, benötigen sie möglicherweise mehr Betreuung fürs Kind bzw. die Kinder, was das Gehalt wiederum stark belasten kann. Und es bleibt noch weniger Zeit für die Hausarbeit.
Pendler:innen
Auf den ersten Blick scheinen Pendler:innen gute Kandidat:innen für eine kürzere Arbeitswoche zu sein.
Da sich aber schon bei einzelnen Fahrtwegen ab 45 Minuten psychosomatische Beschwerden entwickeln können (genau wie bei Arbeitstagen über acht Stunden), wäre eine ausgewogene Homeoffice-Regelung vermutlich der bessere Benefit.
Geeignete Personengruppen
Und für wen könnte die 4-Tage-Woche ein interessanter Benefit mit Mehrwert sein? Unter anderem für diese Personengruppen:
Mitarbeiterinnen mit Weiterbildungsplänen
Fort- und Weiterbildungen werden in der Arbeitswelt immer wichtiger. Sie können jedoch regelmäßige Abwesenheiten vom Arbeitsplatz erfordern.
Eine 4-Tage-Woche könnte hier ein hilfreicher Benefit sein, der solchen Mitarbeitenden die nötige Zeit zum Lernen einräumt, ohne dafür wertvolle Arbeitszeit abzweigen und das Fortkommen ihrer Projekte gefährden zu müssen.
Und genau so war es ja ursprünglich auch gedacht, als dieses Arbeitsmodell entwickelt wurde …
Besonders reiselustige Teammitglieder
Ein kurzer Wochenendtrip ans Meer mit Freund:innen oder in die (zwecks Studium oder Ausbildung verlassene) Heimat ist eine großartige Art, eine Auszeit vom Alltag zu nehmen.
Für viele reiselustige Arbeitnehmer:innen scheitert dieses Vorhaben jedoch bereits daran, dass sie dafür schon Wochen im Voraus Urlaubsanträge einreichen müssen.
Deshalb wäre diese Personengruppe geradezu prädestiniert für das Angebot der 4-Tage-Woche als Benefit. So könnten sie jede Woche ein bisschen mehr von der Welt sehen – und das ganz spontan und ohne Bürokratieaufwand.
Junge und sozial engagierte Teammitglieder
Gesellschaftliches Engagement und freiwillige Sozialarbeit sind, ein wichtiger Bestandteil des Lebens vieler junger Menschen.
Auch sie zählen demnach natürlich zur idealen Zielgruppe für die 4-Tage-Arbeitswoche und würden diese Möglichkeit sicherlich dankend annehmen.
Bitte beachten Sie jedoch, dass die Eignung für oder das Interesse Ihrer Mitarbeiter.innen an einer 4-Tage-Arbeitswoche niemals pauschal beurteilt werden, sondern immer vom Einzelfall abhängig geklärt werden sollte.
Eine entscheidende Rolle spielt hierbei natürlich die Regelung der Arbeitsstunden und des Gehalts. Wären Sie zum Beispiel bereit, dasselbe Entgelt auch für 32 Stunden Arbeit zu zahlen, würden einige Personengruppen unmittelbar zu geeigneten Benefit-Empfängern.
Sollten Sie die 4-Tage-Woche in Ihrem Unternehmen anbieten?
Da dies von verschiedenen Faktoren wie der Größe und Branche Ihres Unternehmens abhängt, gibt es leider keine Patent-Antwort. Die 4-Tage-Woche flächendeckend und synchron einzuführen, wird Ihnen möglicherweise nicht möglich sein. Aber vielleicht ja als Mitarbeiter-Benefit?
Bevor Sie Ihre finale Entscheidung treffen, empfiehlt es sich, Ihre Mitarbeiter:innen in den Entscheidungsprozess mit einzubeziehen. Viele Ihrer Arbeitnehmer:innen werden sich die 4-Tage-Woche sicherlich wünschen.
Finden Sie also heraus, wer an dieser Option interessiert wäre und überlegen Sie gemeinsam mit ihrem Team, welche Voraussetzungen dafür geschaffen werden müssten. Vielleicht starten Sie das ganze dann als einmonatiges Projekt.
Sobald Sie die 4-Tage-Woche dann als Benefit in Ihre Stellenanzeigen integrieren, ist JOIN für Sie da, um Ihre Stellenanzeige auf den richtigen Jobbörsen zu multiposten und Ihr Bewerbermanagement auch bei höheren Bewerbungsaufkommen einfach und effizient zu gestalten.
Sie sind noch auf der Suche nach geeigneten Mitarbeiter-Benefits oder wünschen weitere Ratschläge zur Gewinnung von Talenten? Dann sollten Sie unbedingt auch die unten verlinkten Artikel lesen. Dort finden Sie weitere nützliche Tipps & Anregungen.
Sarah Heßler
Sarah Heßler was a bilingual Content Manager at JOIN who loved to share knowledge with our visitors and enjoyed writing about HR and Recruitment topics from many different perspectives.