Remote-Arbeit ist unheimlich praktisch und der Work-Life-Balance äußerst zuträglich. Und zum Glück gibt es ja Zoom, das auch über die lokale Distanz hinweg Face-to-Face-Konversationen ermöglicht. Doch das hat seinen Preis …
Und den zahlen inzwischen viele Arbeitnehmer und ihre Vorgesetzten in Form der sogenannten Zoom Fatigue. Diese zeigt uns auf, dass auch die Video-Kommunikation auf Dauer sehr anstrengend ist und daher mit Bedacht eingesetzt werden sollte. JOIN erklärt, was sich hinter der Zoom Fatigue verbirgt, was die Ursachen sind und wie Sie der Zoom Fatigue den Kampf ansagen.
Zuerst eine kurze Definition für „Fatigue“: Fatigue ist der französische Begriff für Müdigkeit oder ferner gar Erschöpfung. In der Medizin ist Fatigue als Ermüdungssyndrom bekannt. Betroffene leiden unter einer dauerhaften tiefen Müdigkeit und Antriebslosigkeit, die sich selbst mit viel Schlaf und Erholung nicht überwinden lässt. Häufig ist die Fatigue eine Folgeerscheinung außergewöhnlich starker psychischer Belastungen.
Der Begriff Zoom Fatigue beschreibt folglich einen durch häufige Zoom-Konferenzen verursachten Zustand mentaler Erschöpfung. Und für alle, die sich jetzt gefragt haben ’was ist Zoom?‘: Zoom ist ein beliebter SaaS-Anbieter für Online-Videokonferenzen. Für alle, die Zoom und seine Wettbewerber Skype, Teams und Co. nicht kennen, verlinken wir unseren Artikel über Zoom Calls am Ende dieses Beitrags.
Natürlich könnte man es genauso auch Teams, Hangouts oder Skype Fatigue nennen, denn die mentale Erschöpfung kann bei allen gängigen Videocall-Tools gleichermaßen auftreten. Aus praktischen Gründen bleiben wir aber bei Zoom als Namensgeber dieses Phänomens. Und egal wie man es nun nennen möchte, wer mit zu vielen Videocalls konfrontiert ist, ermüdet nachweislich schneller und ist dann deutlich weniger leistungsfähig.
So nützlich diese moderne Art der Kommunikationstechnik auch sein mag, Studien der amerikanischen Stanford University (Stanford Virtual Human Interaction Lab) und des Instituts für Beschäftigung und Employability (IBE) zu diesem Thema haben eines deutlich gezeigt: Stundenlange Zoom-Videokonferenzen, wie sie uns heute im Arbeitsalltag, aber auch zwecks Austausch mit Familie und Freunden begleiten, machen nicht nur müde, sie können sogar gravierende psychische Schäden verursachen.
Die Ursachen der Ermüdung sind unterschiedlicher Natur, so gibt es etwa interaktionale, organisatorische und technische Belastungstreiber – zu letzteren sei allerdings gesagt, dass sie derzeit den geringsten Effekt auf die Entstehung der Zoom Fatigue haben. Doch gehen wir noch etwas tiefer ins Detail:
Zu den interaktionalen bzw. zwischenmenschlichen Belastungstreibern zählen die Faktoren, die durch den Wegfall der sozialen Komponente in den meisten Zoom-Besprechungen gegeben sind:
Es ist zudem auch völlig unnatürlich, einzelne Personen so lange am Stück anzusehen. Das gilt auch für das eigene „Spiegelbild“. Besonders die Größe des Zoom-Bildschirmfensters trägt zu dieser sozial unbehaglichen Situation bei, denn je größer die Gesichter vor Ihren Augen auftauchen, desto knapper scheint die persönliche Komfortzone – schlimmstenfalls fällt diese gefühlt einfach komplett weg.
Ein weiterer Belastungsfaktor, der zur Zoom Fatigue beiträgt, sind organisatorische Defizite. Gemeint sind damit beispielsweise
Das sind sicherlich nicht alle organisatorisch bedingten Belastungsfaktoren, es sind aber die gängigsten und auch diejenigen, denen wir uns in unseren Tipps zur Vermeidung von Zoom Fatigue unter anderem widmen werden.
Dass Deutschland mit seiner Netzwerk-Infrastruktur nicht unbedingt in der oberen Liga mitspielt, schlägt sich auch in Form der sogenannten technischen Belastungstreiber als Ursache der Zoom Fatigue nieder. Das bedeutet in der Praxis
Der schlechten Bild- und Tonqualität wird jedoch inzwischen bereits durch viele Arbeitgeber vorgebeugt, die Ihre Mitarbeiter mit hochwertigen Headsets und Laptops mit guten Kameras versorgen. Die instabilen Internetverbindungen allerdings sind oft lokal bedingt und somit nicht immer vermeidbar.
Doch bevor wir Sie jetzt mit weiteren nüchternen Fakten ermüden, kommen wir lieber zu einem deutlich wichtigeren Thema: den Erkennungsmerkmalen einer Zoom Fatigue.
Woran erkennt man also nun, dass man selbst oder ein anderes Teammitglied unter Zoom Fatigue leidet? Das ist leider nicht ganz so offensichtlich zu erkennen wie Schnupfen, aber mit etwas Achtsamkeit lässt sich Zoom Fatigue trotzdem recht einfach erkennen – wenn man die Zoom-Fatigue-Symptome zu deuten weiß:
Tatsächlich lassen sich diese Symptome auch in unterschiedliche Stufen der Zoom-Fatigue einordnen:
Phase 1: Konzentrationsprobleme, Reizbarkeit und Ungeduld
Phase 2: Kopf-, Rücken- und Gliederschmerzen sowie Sehstörungen
Phase 3: Schlafstörungen und psychosomatische Reaktionen
Phase 1 ist die am weitesten verbreitete Symptomgruppe, während die Phasen 2 und 3 noch verhältnismäßig selten auftreten. Je auffälliger die Anzeichen der psychischen Müdigkeit jedoch werden, desto dringender muss gehandelt werden. Denn wird der eintretenden Zoom Fatigue nicht frühzeitig entgegengewirkt, kann sich daraus eine ernstzunehmende Belastungsdepression (“Burnout“) entwickeln.
Das muss aber nicht sein, denn mit unseren einfach anwendbaren Tipps und Tricks gegen psychische Erschöpfung durch Zoom-Videokonferenzen können Sie dem gezielt vorbeugen.
Und jetzt zur Praxis! Nun, da Sie wissen, was die psychische Müdigkeit verursacht, können Sie geeignete Maßnahmen ergreifen und ihr umso einfacher entgegenwirken. Was dazu getan werden kann, verraten wir Ihnen hier und jetzt:
Team Member is watching you? Nein Danke! Viele belastet die ständige „Beobachtung“. Dabei muss die Kamera doch nicht zwingend an sein; kurze Fragen lassen sich doch auch mit der Anruf-Funktion einiger Kommunikationstools wie Slack beantworten – und das sogar noch zeitsparender und deutlich schonender als per Videocall. So wurde es doch auch im Büro gemacht, wenn man keine Zeit oder Möglichkeit für einen Besuch am Schreibtisch des Gesprächspartners hatte. Also back to the roots und ran ans (virtuelle) Telefon!
Zugegeben, die Telefonlösung funktioniert nicht für ganze Teams. Es sollten natürlich alle Mitglieder involviert und auf den neuesten Stand gebracht werden und da eignet sich Zoom deutlich besser. In diesem Fall sollte aber abgewogen werden, ob sich ein Zoom Meeting wirklich lohnt. Vielleicht könnte man sich dazu ja auch mal wieder im Büro verabreden und die natürliche soziale Komponente wieder an Bord holen.
Auch ist zu unterscheiden, ob wirklich das ganze Team oder vielleicht nur die Beteiligten eines bestimmten Projekts benötigt werden. Allzu häufig sind an einer Zoom-Videokonferenz deutlich mehr Menschen beteiligt, als es nötig wäre. Es empfiehlt sich daher, die Zahl der Teilnehmer auf das nötige Minimum zu reduzieren. Denn mehr Teilnehmer heißt auch mehr Beobachtung für den einzelnen und das erhöht den Stress. Ganz davon abgesehen erschwert es aber auch die Moderation und die Wahrnehmung menschlicher Regungen, wenn nicht alle Teilnehmer auf einem Bildschirm sichtbar sind.
Alles, was sich zieht, ist umso anstrengender und erhöht die Wahrscheinlichkeit, eine Zoom Fatigue zu entwickeln. Beugen Sie dem vor, indem Sie Zoom-Besprechungen einen roten Faden verleihen, einzelnen Themenpunkten einen festen Zeitslot zuweisen und der Meetingdauer ein realistisches Zeitlimit setzen. Das hilft dabei, Abschweifungen und Überziehungen zu vermeiden und die Belastung durch Videokonferenzen einzugrenzen.
Eines der größten Probleme ist die nahezu nahtlose Aneinanderreihung unnötig langer Zoom Meetings. Dass Mitarbeiter nicht zwischen physischen Meetingräumen hin- und hereilen müssen, heißt keineswegs, dass sie einfach heiter weiter ins nächste virtuelle Meeting springen und sich gleich noch einmal eine Stunde uneingeschränkt darauf fokussieren können. Wir empfehlen deshalb, Beteiligten nicht nur zwischen den Zoom-Besprechungen möglichst 15 Minuten Pause einzukalkulieren, sondern vor allem auch gelegentliche Pausen in längere Sessions einzuplanen, in denen Mitarbeiter eine kurze Entspannungsphase einlegen können.
Zoom Fatigue wird übrigens nicht nur dadurch verursacht, dass man sich selbst die ganze Zeit sieht. Ein weiterer Grund für den mentalen System Overload in der Zoom-Besprechung: Tatsächlich laden die räumlichen Hintergründe der Teilnehmer förmlich zur Analyse und Erkundung ein. Alles hier gesehene muss aber zusätzlich zu den aufzunehmenden Gesprächsinformationen ebenfalls von unserem Hirn verarbeitet werden. Und für unsere Augen ist es ebenfalls ganz schön anstrengend, in mehreren Zimmern gleichzeitig zu sein. Stichwort: Reizüberflutung.
Gute Neuigkeiten: Dieses Problem kann auf drei einfache Arten gelöst werden.
Lassen Sie zum Beispiel alle sichtbaren Teilnehmer dezente einfarbige oder verwischte Hintergründe aktivieren. Das löst auch gleich das Problem mit dem Präsentierteller: Vielen ist es einfach unangenehm, per Zoom ständig Einblicke in ihre Privatsphäre gewähren zu müssen.
Ergänzend dazu können Sie und alle anderen Teilnehmer aber auch Ihr Videokonferenz-Tool so einstellen, dass immer nur derjenige zu sehen ist, der gerade spricht. Dann müssen Sie zwar vielleicht Ihr Moderationsmodell überdenken, aber dafür müssen Teilnehmer sich nicht die ganze Zeit selbst sehen …
Seien Sie das tapfere Schneiderlein der Videokommunikation! Microsoft Teams zum Beispiel (und bestimmt rücken hier bald andere Tools nach) besitzt inzwischen einen sogenannten „Together Mode“ – ein Feature, das das Beisammensein aller Teilnehmer in einem Raum und an einem Besprechungstisch simuliert. Das ist ein bisschen wie Virtual Reality, nur ohne teure VR-Brille. Der Blick geht dabei in einen künstlichen Besprechungsraum gefüllt mit Ihren Teammitgliedern. Damit schlagen Sie locker sieben Fliegen auf einen Streich:
Würden Sie auf Ihrem Smartphone oder in Slack chatten, während jemand direkt mit Ihnen spricht? Oder nebenbei schon gleich das nächste Meeting vorbereiten? Vermutlich nicht. In virtuellen Meetings kommt das aber viel schneller vor. Das Problem ist nur: Multitasking sorgt dafür, dass Sie nicht fokussiert sind, dass Sie wichtige nonverbale Hinweise und wertvolle Informationen verpassen und sich noch dazu deutlich schlechter an das Besprochene erinnern können. Somit wird das Meeting zur Zeitverschwendung für alle Beteiligten. Daher: Kein Multitasking!
Schnell zum Punkt kommen ist gut und wichtig. Das soll aber nicht heißen, dass ein Meeting nicht locker und vielleicht sogar unterhaltsam sein darf. Meetings im Büroalltag leben ja auch davon, dass man sozial interagiert, also Smalltalk hält, miteinander lacht und sich noch kurz mental auf die Sitzung vorbereiten kann. In Zoom Calls hingegen wird oft nur kurz gewartet, bis alle anwesend sind, um dann ruckzuck mittendrin zu sein.
Unser Tipp: Planen Sie ca. 5 Minuten zum Beginn des Gesprächs für Smalltalk ein und bauen Sie auch ruhig einmal etwas Humor, also kleine Gags, lustige Memes oder ähnliches in die Moderation oder Präsentation ein, um die Stimmung aufzulockern.
Zoom Meetings sind nicht nur fester Bestandteil des Corona-Arbeitsalltags, sondern vor allem auch dezentraler Remote-Teams, die über große Entfernungen hinweg kommunizieren und kollaborieren müssen. Zoom, Skype, Teams und Co. sollen diese Zusammenarbeit erleichtern und nicht behindern.
Damit sich diese Zusammenarbeit also als Marathon und nicht als Sprint erweisen kann, ist es sehr wichtig, dass grundsätzliche Maßnahmen zur nachhaltigen Vorbeugung von Zoom Fatigue getroffen werden, um gesundheitliche Folgen und den gefürchteten Burnout zu verhindern.
Erkundigen Sie sich doch mal in Ihrem Team, was sie so als Belastungsfaktoren wahrnehmen und empfinden. Gemeinsam mit Ihren Mitarbeitern und mithilfe der obigen Tipps können Sie eine Strategie entwickeln, um der Zoom Fatigue endgültig den Kampf anzusagen und Ihre Zusammenarbeit für alle Beteiligten angenehmer und nachhaltiger zu gestalten.
Sarah Heßler
Sarah Heßler was a bilingual Content Manager at JOIN who loved to share knowledge with our visitors and enjoyed writing about HR and Recruitment topics from many different perspectives.
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