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30.01.2023 Diversität

Die Schattenseite der Hybrid-Arbeit: der Proximity Bias

Die Schattenseite der Hybrid-Arbeit: der Proximity Bias

Wussten Sie, dass Remote-Mitarbeiter:innen in hybriden Büros auf der Strecke bleiben können? Schuld daran ist der sogenannte Proximity Bias, der zu Bevorzugung und Ausgrenzung innerhalb eines Teams führen kann. Wir erklären, warum das passiert und wie Sie auch in einem hybriden Umfeld ein erfolgreiches, integratives und faires Team für alle fördern können.

Das hybride Arbeitsmodell – eine Mischung aus Büro- und Remote-Arbeit – wird oft als ideale Lösung für Arbeitgeber und Mitarbeiter:innen gleichermaßen angepriesen. Je mehr Arbeitgeber dieses Modell (in verschiedenen Varianten) in ihrem Unternehmen etablieren, desto öfter treten auch bestimmte Probleme zutage.

Eines dieser Probleme ist die (unbewusste) Bevorzugung von Arbeitnehmer:innen, die im Büro arbeiten, gegenüber Arbeitnehmer:innen, die (hauptsächlich) remote arbeiten. Das lässt sich zum Teil auf das psychologische Konzept des Proximity Bias zurückführen.

Im Folgenden erfahren Sie, warum das so ist, warum es Ihrem Unternehmen schaden könnte und wie Sie das Problem lösen können.

Was verursacht Bevorzugung im Hybridmodell?

Leider ist die Bevorzugung bestimmter Mitarbeiter:innen am Arbeitsplatz nichts Neues. Seit jeher bevorzugen Arbeitgeber und Manager:innen manche Mitarbeiter:innen aufgrund anderer Kriterien als nur Leistung oder Verdienst. In den meisten Fällen ist diese Bevorzugung ein Resultat ungerechter und unfairer Behandlung von Mitarbeiter:innen.

Ein bekanntes Beispiel ist, wenn ein Familienmitglied von jemandem in einer Führungsposition nur aufgrund familiärer Beziehung zu Manager:innen eingestellt wird (Vetternwirtschaft genannt).

In anderen Fällen können die Gründe diskriminierend sein oder auf (unbewussten) Vorurteilen beruhen. Nehmen wir zum Beispiel an, der Manager ist ein weißer männlicher Absolvent einer bestimmten Universität. In diesem Fall könnte es sein, dass er weiße männliche Absolventen der gleichen Universität bevorzugt behandelt (die Idee des „Old Boys Club“).

In erster Linie sind solche Fälle von Bevorzugung unethisch, ungerecht und schädlich im Hinblick auf die Vielfalt, Gleichstellung und Inklusion (DEI) Ihres Unternehmens. Das kann sogar illegal sein und Ihrem Unternehmen wirtschaftlich (und Ihrem Image bei Ihren Mitarbeiter:innen und Außenstehenden) ernsthaft schaden.

In unserer post-pandemischen Arbeitswelt, in der Remote-Arbeit und hybride Arbeitsformen immer mehr zunehmen, bedroht nun eine neue Form der Bevorzugung die Belegschaft.

Proximity Bias und hybride Arbeitsmodelle

Das Konzept des Proximity Bias ist nicht neu. Aber das hybride Arbeitsmodell scheint diese Voreingenommenheit bei Arbeitgebern und Manager:innen gleichermaßen zu verstärken.

„Der Begriff Proximity Bias, oft auch Distance Bias (zu Deutsch etwa „Näheverzerrung“) genannt, beschreibt das psychologische Konzept der instinktiven Bevorzugung von Menschen, die sich in unserer (physischen) Nähe befinden. Am Arbeitsplatz kann eine so verzerrte Wahrnehmung dazu führen, dass einige Personen bevorzugt und andere ausgeschlossen oder benachteiligt werden.“

Die vollständige Definition und weitere Einblicke finden Sie in unserem Glossar-Artikel: Was versteht man unter Proximity Bias?

Proximity Bias im Kontext hybrider Arbeit bezieht sich darauf, wie sichtbar Mitarbeiter:innen (und ihre Arbeit) in den Augen des Managements sind. Je öfter ein:e Mitarbeiter:in von zu Hause aus arbeitet, desto weniger sichtbar ist er oder sie.

Mitarbeiter:innen, die immer im Büro sind, genießen dagegen in der Regel eine viel stärkere Wahrnehmung durch das Management.

Das Ergebnis ist, dass Manager:innen (oft fälschlicherweise) glauben, dass die Mitarbeiter:innen, die vor allem im Büro arbeiten, mehr Stunden arbeiten, bessere Leistungen erbringen oder sich mehr für das Unternehmen engagieren. Und das ist problematisch.

Mitarbeiter:innen, die vier Tage die Woche remote arbeiten, können tatsächlich mehr leisten und mehr zum Unternehmenserfolg beitragen als Mitarbeiter:innen, die jeden Tag ins Büro kommen. Nur, weil jemand fünf Tage die Woche ins Büro kommt, muss das nicht heißen, dass diese Personen mehr zum Unternehmenserfolg (oder gar zur Unternehmenskultur) beitragen.

Das Ergebnis ist Bevorzugung von manchen und Ausgrenzung von anderen – beides geschieht nicht auf der Grundlage der tatsächlichen Verdienste oder Leistungen der Mitarbeiter:innen. Und das ist nicht nur ungerecht, sondern kann Ihrem Unternehmen sogar schaden.

Die Gefahren von Proximity Bias und Bevorzugung für Ihr Unternehmen

Teilweise ist der Proximity Bias nachvollziehbar. Vielleicht haben Sie als Manager:in eines Teams das Gefühl, dass jemand, der ständig anwesend ist, ein größeres Engagement für Ihr Unternehmen zeigt. Die Person scheint sich mehr für Ihr Team und Ihr Unternehmen zu engagieren und mehr zu Ihrer Kultur beizutragen.

Manchmal mag das tatsächlich der Fall sein. Aber nur weil jemand immer physisch anwesend ist, heißt das noch lange nicht, dass diese Person auch mehr leistet als andere. Die blinde Annahme, dass dem so sei, kann Ihrem Unternehmen schaden.

Beachten Sie also diese Schwierigkeiten, wenn Sie physische Präsenz mit Leistung verwechseln:

  • Sie beurteilen die Leistung einer Person aufgrund ihrer räumlichen Nähe und nicht aufgrund ihrer tatsächlichen Leistung, was zu einer diskriminierenden und ungerechten Behandlung führt.
  • Während manche Mitarbeiter:innen aus bestimmten demografischen und wirtschaftlichen Verhältnissen lieber remote arbeiten, könnte Ihre Bevorzugung dazu führen, dass Sie bestimmte Minderheiten ausgrenzen. Ein Beispiel sind Mitarbeiter:innen mit Behinderungen, die zu 11 % eher hybride Arbeitsformen bevorzugen. Seien Sie also achtsam bezüglich dieser Unterschiede.
  • Diese Art der Bevorzugung kann des Weiteren zu einer Beförderungslücke bei Remote-Arbeit führen, bei der physisch-anwesende Mitarbeiter:innen eher befördert werden als die qualifiziertesten, talentiertesten Mitarbeiter:innen.
  • Auf diese Weise verstoßen Sie bestimmte Teammitglieder, was dazu führt, dass sie sich nicht mehr engagieren und eine ablehnende Haltung gegenüber Ihnen und Ihrem Unternehmen einnehmen.
  • Sobald remote arbeitende Mitarbeiter:innen merken, dass sie ungerecht behandelt werden, fehlt ihnen möglicherweise die Motivation und der Antrieb, sich weiterhin für die Arbeit anzustrengen.
  • Mitarbeiter:innen, die bisher gerne Überstunden und Wochenendarbeit geleistet haben, um Projekte voranzubringen, könnten sich jetzt stattdessen der Bewegung des Quiet Quittings anschließen.
  • Das führt zu einer geringeren Produktivität der ansonsten motivierten Mitarbeiter:innen, was sich negativ auf die Ergebnisse Ihres Teams auswirkt.
  • Außerdem kann es sich negativ auf Ihr Employer Branding auswirken und darauf, wie Mitarbeiter:innen Sie und Ihr Unternehmen wahrnehmen.
  • Letztlich riskieren Sie, ein ansonsten gut funktionierendes Team allein aufgrund unbewusster und unbegründeter Vorurteile zu beeinträchtigen, was sich wiederum negativ auf Ihren Umsatz und Ihre Leistung auswirkt.

Lassen Sie uns also einen Blick darauf werfen, wie Sie verhindern können, dass Ihre Organisation durch den Proximity Bias beeinflusst wird.

Wie Sie verhindern, dass sich Bevorzugung negativ auf Ihr hybrides Arbeitsmodell auswirkt (in 9 Schritten)

Sicherzustellen, dass sich der Proximity Bias nicht in Ihrem Unternehmen breit macht, hilft, negativen Auswirkungen auf die Leistung Ihres Teams vorzubeugen. Im Folgenden finden Sie 9 Schritte, die Sie berücksichtigen sollten, um Ihr Team zu schützen.

1. Berücksichtigen Sie die Entscheidung von Personen, remote zu arbeiten

Zuallererst sollten Sie darauf achten, warum ein:e Mitarbeiter:in lieber remote arbeiten möchte, anstatt ins Büro zukommen. Ein Beispiel sind berufstätige Mütter, die lieber von zu Hause aus arbeiten, um Kinderbetreuungskosten zu sparen und mehr Zeit mit ihren Kindern zu verbringen.

Autistische Mitarbeiter:innen mögen es vielleicht lieber, sporadisch im Büro zu arbeiten, aber manchmal brauchen sie eben auch einen ruhigen Ort oder den Frieden ihrer häuslichen Umgebung, um produktiv sein zu können.

Auch wenn Sie Ihre Bürokultur als angenehm und interaktiv empfinden, kann sie für manche eine Quelle der Ablenkung sein. Wenn sie von zu Hause aus arbeiten, sind sie vielleicht sogar konzentrierter und produktiver.

2. Ermutigen Sie jeden im Team zur Beteiligung

Es ist wichtig, dass sich jede:r Mitarbeiter:in ermutigt fühlt, sich zu äußern, aber auch, sich voll und ganz am Entscheidungsprozess zu beteiligen.

Konzentrieren Sie sich auf den Aufbau einer starken Feedback-Kultur, in der sich Mitarbeiter:innen nicht scheuen, ihre Meinung zu sagen. Investieren Sie in die Verbesserung der Remote-Zusammenarbeit innerhalb Ihres Teams, damit jeder zur Teilnahme ermutigt wird.

3. Entwickeln Sie einen zuverlässigen Remote-Arbeitsprozess

Um eine gute Remote-Zusammenarbeit zu ermöglichen, müssen Sie sicherstellen, dass alle erforderlichen Tools, Geräte und Prozesse auch für jeden zugänglich sind. So kann jeder effektiv kommunizieren und gleichwertig zusammenarbeiten, unabhängig davon, wo er sich befindet.

Effektive Kommunikation ist in Hybrid- und Remote-Arbeitsumgebungen wichtiger denn je.

4. Erwägen Sie Beförderungen oder die Zuteilung bedeutender Projekte sorgfältig (und beraten Sie sich mit anderen)

Tappen Sie nicht in die Falle, große Projekte (und Beförderungen) nur denjenigen anzubieten, die Ihnen am nächsten stehen und am präsentesten sind. Nur weil jemand nicht im Büro ist, heißt das nicht, dass er oder sie kein abteilungsübergreifendes Projekt mit einer Vielzahl von Interessengruppen leiten kann.

Solange alles so ist, wie im vorherigen Punkt beschrieben, sollte jeder in der Lage sein (und sich befähigt fühlen), Projekte zu leiten. Wenn dies nicht der Fall ist, stellt sich die Frage, ob Sie als Unternehmen Ihren Teil dazu beitragen, ein solches Umfeld zu schaffen, in dem sich alle gleichermaßen entfalten können.

Wenn Sie darüber nachdenken, ob jemand im Team eine Beförderung verdient, sollten Sie sich eher an Leistungskennzahlen orientieren, als nach Ihrem Bauchgefühl Entscheidungen zu treffen. Überlegen Sie stattdessen genau, wer tatsächlich die besten Fähigkeiten hat, um die Aufgabe zu erfüllen, und geben Sie dieser Person die Aufgabe, unabhängig davon, wo sie am liebsten arbeitet.

5. Schätzen Sie eher die Leistung als die Anwesenheit

Versuchen Sie, sich auf das traditionelle Konzept festzufahren, dass Mitarbeiter:innen zu bestimmten Zeiten anwesend sein müssen, um ihre Arbeit zu erledigen.

Hybrides Arbeiten geht meist Hand in Hand mit flexiblen Arbeitszeiten. Einige Ihrer Mitarbeiter:innen sind zudem einfach produktiver, wenn sie außerhalb der „traditionellen“ 9-to-5 Bürozeiten arbeiten.

Anstatt sich also darauf zu konzentrieren, ob sie während der üblichen Arbeitszeiten anwesend sind, konzentrieren Sie sich auf die Arbeit, die sie leisten und ihren Erfolg. Erkennen Sie die Fähigkeiten und die erbrachten Leistungen an, anstatt nur auf die physische Anwesenheit zu achten.

Wenn Ihre remote arbeitenden Mitarbeiter:innen ihre Fristen konsequent einhalten und stets hervorragende Arbeit leisten, warum sollten Sie sie nicht für eine wohlverdiente Beförderung in Betracht ziehen?

6. Loben Sie offen die Leistungen der Remote-Mitarbeiter:innen

Vielleicht gehen Sie manchmal zum Schreibtisch Ihrer Mitarbeiter:innen und gratulieren zu großartiger Arbeit oder sagen der Person beim Mittagessen, wie sehr Sie es schätzen, wie die Person mit einem schwierigen Kunden umgegangen ist.

Solche Momente des positiven Feedbacks kommen oft sporadisch und ungeplant, aber sie sind unglaublich wichtig, damit sich Mitarbeiter:innen wertgeschätzt fühlen.

Leider vergisst man bei remote arbeitenden Mitarbeiter:innen leichter, ihre Leistungen anzuerkennen und zu loben. Deshalb müssen Sie in der hybriden Arbeitsumgebung besonders darauf achten, auch die Leistungen von Remote-Mitarbeiter:innen offen zu würdigen.

Das hilft ihnen nicht nur, sich geschätzt zu fühlen, sondern signalisiert auch dem gesamten Team, dass Remote-Mitarbeiter:innen gesehen und geschätzt werden.

7. Gehen Sie mit gutem Beispiel voran

Auch wenn Sie selbst ein richtiger Büromensch sind, kann es gut sein, wenn Sie – als Führungskraft – manchmal selbst von zu Hause aus arbeiten, um Ihrem Team zu zeigen, dass es akzeptiert wird.

Indem Sie mit gutem Beispiel vorangehen, ermutigen Sie andere, auch mal von zu Hause aus zu arbeiten, wenn sie das möchten, und Sie zeigen, dass es akzeptiert und nicht verurteilt wird.

8. Investieren Sie in Teambuilding

Sollte Ihr Team (wenn auch nur teilweise) remote arbeiten, kann der Aufbau einer starken Unternehmenskultur eine etwas größere Herausforderung darstellen. Um Ihr Team trotzdem erfolgreich zu machen, hilft eine starke Bindung zwischen Ihren Teammitgliedern.

Investieren Sie daher Zeit in die Organisation regelmäßiger Teamevents und konzentrieren Sie sich auf Teambuilding-Maßnahmen, um die Motivation zu steigern und den Zusammenhalt innerhalb Ihres Teams zu stärken.

9. Fördern Sie ein psychologisch sicheres Arbeitsumfeld

Zu guter Letzt kommt es darauf an, stets eine offene Kommunikation und Feedback innerhalb Ihres Teams zu pflegen.

Hören Sie Ihren Mitarbeiter:innen zu, um die Gründe für die Arbeit aus dem Homeoffice zu erfahren, aber auch um ihre Stärken, Schwächen und Vorlieben kennenzulernen.

Möchten Sie wissen, wie Sie ein solches Umfeld in Ihrem Unternehmen schaffen können? Dann lesen Sie unseren Artikel darüber, wie psychologische Sicherheit leistungsstarke Teams antreibt (und Inklusion fördert)!

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