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20.10.2021 Arbeitskultur

Konstruktive Kritik: So kritisieren Sie gewinnbringend!

Konstruktive Kritik: So kritisieren Sie gewinnbringend!

Ob beruflich oder privat: Jeder Mensch ist regelmäßig mit Kritik konfrontiert. Es ist aber kaum etwas so frustrierend, wie einfach nur auf Fehler oder Unzulänglichkeiten hingewiesen zu werden. Erst die konstruktive Kritik ermöglicht es Menschen, zu lernen und zu wachsen.

Vielleicht haben auch Sie es schon erlebt, dass Vorgesetzte kritisieren, ohne das zugrundeliegende Problem genau zu definieren oder Hinweise zu geben, was stattdessen getan werden soll. In vielen Fällen nehmen Mitarbeiter diese Kritik persönlich, fühlen sich zu Unrecht gerügt, frustriert und oft auch demotiviert. Das wiederum kann zu Spannungen und Konflikten oder sogar zur Kündigung führen.

Konstruktive Kritik kann genau das verhindern und gleichzeitig die persönliche und berufliche Weiterentwicklung Ihrer Mitarbeiter vorantreiben. JOIN erklärt, was konstruktive Kritik ausmacht, wie Sie richtig kritisieren und wie Sie wohlwollende Kritik gewinnbringend einsetzen können.

Konstruktive Kritik Definition

Was ist konstruktive Kritik? Kurz gesagt: Konstruktive Kritik ist die Kunst, fehlerbasierte Kritik so zu transportieren, dass sie diese nicht nur auf den Punkt bringt, sondern gleichzeitig einen Lösungsansatz aufzeigt und zum Lernen und Bessermachen ermutigt. Letzten Endes ist diese Form der Kritik nichts anderes als ein Feedback. Und Feedback birgt stets die Absicht, dem Adressaten zu helfen. Konstruktive Kritik ist also die lösungsorientierte und wohlwollende, vor allem aber nutzbringende Form des Kritisierens, die nicht nur das Ziel, sondern auch mögliche Wege dorthin aufzeigt.

Reine oder gar destruktive (vernichtende) Kritik greift Personen hingegen direkt an und ist häufig allgemein oder sehr schwammig gehalten. Auch Ironie und Sarkasmus, negative Körpersprache sowie starke Distanzierung oder deutliche Emotionalität können dabei durchscheinen. All das ist allerdings sehr unprofessionell und hat in einer fruchtbaren Arbeitsbeziehung nichts verloren. Viel schlimmer daran ist aber: Es hilft dem kritisierten Mitarbeiter kein bisschen und führt eher zu Frustration.

Warum ist Konstruktivität beim Kritisieren wichtig?

Warum ist konstruktive Kritik wichtig? Auf den Punkt gebracht: Würden Führungskräfte die Ausübung konstruktiver Kritik einfach unterlassen, liefen ihre Untergebenen ständig Gefahr, kostspielige, zeitraubende und potenziell gefährliche Fehler zu machen. Darüber hinaus sprechen aber noch weitere Gründe unbedingt für den konstruktiven Ansatz:

  • Mitarbeiter lernen besser aus Fehlern
    Wer immer nur gesagt bekommt, dass er sich unpassend verhält bzw. unvorteilhaft arbeitet, zweifelt früher oder später an sich. Oder er ignoriert Sie früher oder später und macht einfach immer so weiter. Denn auf Ihre Äußerungen zu hören, bietet letztlich keinen Nutzen. Der Lerneffekt bleibt dabei völlig auf der Strecke. Wenn Sie stattdessen konstruktive Kritik üben und Mitarbeiter mit hilfreichen Ratschlägen unterstützen, ist der Lerneffekt zudem viel ausgeprägter.
  • Kritik wird nicht gefürchtet, sondern geschätzt
    Noch etwas, dass Mitarbeiter durch konstruktive Kritik ihrer Vorgesetzten lernen: Kritik ist hilfreich und nützlich und man muss sich nicht davor fürchten. Im Gegenteil, es wird dadurch sogar wahrscheinlicher, dass Ihre Mitarbeiter gezielt danach fragen werden.
  • Stärkung der persönlichen/beruflichen Weiterentwicklung
    Die Konstruktivität eines Feedbacks gibt Ihren Mitarbeitern die Chance, sich in die angestrebte Richtung zu weiterzuentwickeln. Manche Ratschläge können sogar das gesamte Auftreten Ihres Mitarbeiters nachhaltig verbessern.
  • Konstruktivität motiviert
    Stellen Sie sich vor, Sie wollten die nächste Karrierestufe erreichen. Um in die nächst höhere Position hineinzuwachsen, müssen Sie lernen, wie es richtig geht. Ohne stetiges Feedback und Verbesserungsvorschläge ist das jedoch fast unmöglich und wenn etwas unmöglich scheint, bleibt irgendwann auch die Motivation auf der Strecke. Hilfreiche Anleitung hingegen motiviert Ihre Teammitglieder und ermutigt sie, stetig über sich hinauszuwachsen.
  • Bessere Mitarbeiterbindung
    Wer sich geschätzt, unterstützt und gefördert fühlt, denkt seltener an einen Jobwechsel. Folglich kann sich konstruktive Kritik positiv auf Ihre Mitarbeiterbindung auswirken; insbesondere dann, wenn sie mit einer positiven Fehlerkultur einhergeht.

Die 10 Grundvoraussetzungen der konstruktiven Kritik

Konstruktive Kritik ist immer auch eine Bitte um Veränderung – sei es im Verhalten oder der Arbeitsweise der Angestellten. Und wer um etwas bittet, erhöht seine Chancen, gehört zu werden, am besten in Verbindung mit Positivität, Respekt und Anerkennung. Deswegen ist es wichtig, die Grundvoraussetzungen für die gewünschte Konstruktivität zu kennen und stets im Blick zu behalten:

  1. Keine direkte Wertung
    Etwas, was Kritik nach dem konstruktiven Ansatz niemals tut: Fehler verurteilen und Menschen abwerten. Sonst wächst nicht der Mitarbeiter, sondern schlimmstenfalls dessen Wunsch nach einem Jobwechsel. Stattdessen wird beim konstruktiven Kritisieren lediglich auf die Auffälligkeit eines Fehlers hingewiesen („Mir ist aufgefallen, dass …“). Idealerweise wird dann erklärt, warum das ein Problem darstellt und welche Auswirkungen das haben kann. Und dann wird aufgezeigt, was künftig erfolgswirksam anders gemacht werden könnte.
  2. Respekt & Empathie
    Um Kritik wirklich konstruktiv äußern zu können, ist zunächst wichtig, dass diese auf einen respektvollen Tonfall und gute empathische Fähigkeiten aufbaut. Wer die Denk- und Handlungsweise seiner Untergebenen nicht verstehen und nachvollziehen kann, wird es schwer haben, lösungsorientiert zu agieren. Und nur auf Basis respektvoller Umgangsformen kann die Kritik wirklich nutzbringend eingesetzt werden.
  3. Direkte Ansprache
    Konstruktive Kritik wird immer im direkten Dialog mit dem betreffenden Mitarbeiter geäußert. Wird über Dritte kritisiert, besteht die Gefahr eines „Flüsterpost“-Effekts und wichtige Punkte des Dialogs gehen verloren oder verlieren ihren konstruktiven Charakter. Davon abgesehen: Andere die „Drecksarbeit“ machen zu lassen, zeugt auch nicht von Professionalität.
  4. Frei von eigenen Gefühlen
    Wir hatten es bereits weiter oben erwähnt, daher nur kurz zur Erinnerung: Die Gefühle des Kritisierenden (Unzufriedenheit, Frust, Rage) sind herauszuhalten – ähnlich wie beim Autofahren: Handlungen im Affekt führen häufig zu Unfällen. Das betrifft übrigens auch die Körpersprache. Wenn Sie konstruktiv Kritik üben möchten, darf Ihr Körper nichts anderes ausdrücken.
  5. Konkretion und Präzision
    Eine der wichtigsten Grundlagen konstruktiver Kritik an Mitarbeitenden: Konkretion. Schwammige, allgemeine Kritik ist nicht zielführend. Der Fehler muss vergegenständlicht und möglichst präzise auf den Punkt gebracht werden. Nur wo ein Problem deutlich nachvollziehbar ist, kann ein Lösungsansatz gefunden und eine Änderung erwirkt werden.
  6. Basis auf nachweisbaren Fakten
    Ergänzend zum vorherigen Punkt nun die absolute Grundvoraussetzung für konstruktive Kritik: Sie darf ausschließlich auf Basis nachweisbarer Fakten erfolgen und muss berechtigt sein. Sie darf also nur infolge einer umfassenden Analyse der Situation erfolgen. Das ist essenziell, um reflektierte Schlussfolgerungen ziehen zu können.
  7. Zeitnähe
    Auch der Zeitpunkt der Kritikäußerung ist für deren Erfolg entscheidend. Generell sollte diese möglichst direkt nach Eintritt des zu kritisierenden Ereignisses, niemals jedoch vor einer angemessenen Situationsanalyse geübt werden. Findet der Dialog zu spät statt, besteht die Gefahr, dass Mitarbeiter von der Richtigkeit ihrer Handlungsweisen überzeugt sind. Zu impulsiv geübte Kritik lässt allerdings kaum Raum für Konstruktivität.
  8. Situative Bedingung
    Es hängt jedoch auch von der Situation ab: Wer genau wird kritisiert? Wie wird die Person dies auffassen? Ist das kritisieren vor anderen praktikabel oder sollte ein Vieraugengespräch gehalten werden? Alles Fragen, die mit dem Wesen des Mitarbeiters, aber auch mit Ihrer Unternehmens- und Fehlerkultur eng zusammenhängen.
  9. Positive Formulierung
    Das Ziel des konstruktiv Kritisierens ist die Initiation eines Lerneffekts – also etwas Positives. Entsprechend sollte auch die Formulierung dessen gehalten werden. Klar, Fehler machen ist nur so positiv, wie Ihre Unternehmenskultur das zulässt. Trotzdem: Ohne positive Formulierung kein positives Outcoming.
  10. Integration zielführender Ratschläge
    Um den gewünschten Effekt, nämlich die Verbesserung des Verhaltens oder der Arbeitsweise eines Mitarbeiters, letzten Endes auch zu erreichen, dürfen zielführende Ratschläge natürlich nicht fehlen. Konstruktive Kritik zeichnet sich ja schließlich dadurch aus, dass sie auch Lösungen aufzeigt, wie eine Verbesserung herbeigeführt werden könnte.

Nur wer alle diese Grundlagen berücksichtigt, kann sich sicher sein, wirklich konstruktive Kritik zu üben. Der Grat ist manchmal schmal, doch wer das Prinzip einmal verstanden hat, wird den Weg zur Konstruktivität beim Kritisieren schnell verinnerlichen. Damit ein vertrauensvolles und wertschätzendes Miteinander entstehen kann, bedarf es jedoch etwas Übung – selbst für erfahrenere Manager.

So nutzen Sie konstruktive Kritik gewinnbringend

Bewertungen – nichts anderes ist Kritik letztlich – sind immer unangenehm. Sie sind jedoch ein notwendiger Bestandteil der Beziehung zwischen Führungskraft und Mitarbeiter. Richtig platziert und gekonnt ausgeübt, wirkt sie sich sehr positiv aus. Hier einige Tipps und Beispiele, wie Sie diese besonders gewinnbringend einsetzen können:

Tipps zum richtigen Einsatz

Auch die erfahrensten Führungskräfte haben manchmal noch Schwierigkeiten, wirklich konstruktive Kritik zu üben. Apropos üben: Übung macht den Meister! Mit diesen Tipps sollte es Ihnen mit der Zeit leichter fallen

  1. Vorm Spiegel üben
    Sie sind noch frisch im Management? Üben Sie konstruktive Kritik an sich selbst. Und das am besten vorm Spiegel. So können Sie sich sowohl in den Kritikgeber als auch in den Adressaten hineinversetzen und vielleicht sogar Ihre empathischen Fähigkeiten optimieren. Sieht doof aus? Macht nichts, sieht ja keiner …
  2. Körpersprache beachten (muss übereinstimmen)
    Wie schon gesagt: Gefühle müssen draußen bleiben. Beachten Sie stets Ihre Körperhaltung und Gestikulation! Wirken Sie vielleicht verärgert, ängstlich, angespannt oder gar latent aggressiv? Wenn Ihr Körper noch nicht das mitspricht, was er soll: Schön weiterüben! Und vielleicht hilft Ihnen ja auch Tipp Nummer drei dabei?
  3. Kurze Entspannungsübung einschieben
    Wenn es in Ihnen brodelt (oder sonstiges), könnte vielleicht eine kurze Entspannungsübung helfen, damit Ihr Körper das widerspiegeln kann, was Ihre Kritik ausdrücken soll: Wohlwollen.
  4. Feedback holen
    Beziehungen basieren auf Geben und Nehmen. Wenn Sie sich unsicher sind, ob Ihre Kritik hilfreich war, drehen Sie den Spieß doch einfach um und holen sich selbst Feedback zu Ihren Fähigkeiten als Kritiker. Sie wollen sich ja auch weiterentwickeln.

Nützliche Anwendungsbeispiele

Wo lässt sich konstruktives Kritisieren gut integrieren – außer in den Berufsalltag? Zum Beispiel in Team-Meetings und Bewerbungsprozesse:

Team-Meetings

Es kommt immer auf die Zusammensetzung und Funktionalität Ihres Teams an; doch gerade in der heutigen Berufswelt, wo Begegnungen vermehrt auf Augenhöhe stattfinden, kann es durchaus sinnvoll und sogar besonders lehrreich sein, konstruktive Kritik in der Gruppe zu üben – etwa im Rahmen eines Team-Meetings oder Workshops.

Dabei sollte die Kritik nicht ausschließlich von Ihnen als Führungskraft ausgehen, sondern auch zwischen den einzelnen Teammitgliedern geübt und praktiziert werden. Üben Sie sich als Team in der Fehler- und Situationsanalyse und finden Sie in Zusammenarbeit Wege, wie jeder noch mehr aus sich herausholen könnte. Dabei rücken auch Ihre Mitarbeiter als Team näher zusammen, während Sie einen direkten Beitrag zum so wichtigen Teambuilding leisten. Zwei Fliegen mit einer Klappe!

Bewerbungsgespräche

Wer selbst schon häufig auf Jobsuche war, kann sich sicher bestens daran erinnern, wie er sich vor, während und nach einem Vorstellungsgespräch gefühlt hat. Besonders die Zeit nach dem Interview und die Verunsicherung bezüglich des Erfolgs ist oft sehr strapaziös. Eine großartige Geste wäre es, ein konstruktives Feedback schon zum Ende eines Bewerbungsgesprächs zu geben. Das hilft Kandidaten, sich ein besseres Bild von Ihrem Auftreten (nervös oder selbstbewusst, eloquent oder schüchtern) zu machen und erste Verbesserungen anzustreben. Es wirkt zudem positiv auf die Candidate Experience aus.

Das kann ich übrigens aus eigener Erfahrung bestätigen. Ich habe das so in meinen letzten paar Interviews erlebt und konnte mich dadurch viel schneller erfolgreich behaupten. Wer wie ich mit dem festen Wunsch nach persönlicher und beruflicher Weiterentwicklung auf die Suche geht, wird Ihre Bemühungen zu schätzen wissen.

Ablehnung eines Bewerbers

Einstellungsverfahren bestehen meist aus mehreren Phasen, um die Kandidatenauswahl stetig eingrenzen zu können. Je weiter der Auswahlprozess fortschreitet, desto minimaler die Unterschiede, die letztlich den Ausschlag geben. Gerade dann ist es für das berufliche Vorankommen der Bewerber besonders wichtig, konstruktives Feedback zu erhalten, das ermutigt und weiterbringt.

Die Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass es sich um eine kritikfähige Person handelt. Mehr Informationen und nützliche Dos und Don’ts hierzu gibt es in unserem Beitrag über Feedback nach der Absage.

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